Das Thema Finanzen - eine Achterbahnfahrt

Johannes v. Streit

Johannes v. Streit

Das hier wird unser bisher schwierigster Logbuch-Artikel - denn es geht ums Geld. Grade weil viel zu selten über dieses Thema gesprochen wird, wollen wir euch an unserer emotionalen Finanz-Achterbahnfahrt unserer Genossenschaftswohnungen teilhaben lassen. Als wir unser Konzept in Zehdenick präsentiert haben, wollten wir 8 Wohnungen für 7 Euro pro qm bauen - Anfang Januar 2024 sollten es dann 17 Wohnungen zu je 10,50 Euro pro qm sein. Was ist da in der Zwischenzeit passiert? Sind wir etwa plötzlich zu bösen Kapitalisten geworden? Oder ist unsere Ursprungsidee einfach nicht mit der aktuellen Wirtschaftslage kompatibel? Ein Erklärungsversuch

Als wir uns Ende 2021 mit unserem Konzept der Stadt vorgestellt haben sah unser Plan folgendes vor:

In der einen Hälfte des Schulgebäudes entstehen 8 Wohnungen, die Miete liegt mit 7 Euro etwas über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Im Nebengebäude eröffnet ein Coworking-Space und der Rest der Flächen im Schulgebäude sowie der Hof bleibt als Entwicklungspotential erstmal frei – um ihn dann gemeinsam mit der Zehdenicker Bevölkerung iterativ weiterzuentwickeln.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung war dank der günstigen Zinsen von 1% locker machbar und dementsprechend konnten wir ein Pachtangebot unterbreiten. Nur haben sich die Rahmenbedingungen seitdem immer weiter verändert: Denn nicht nur die Kosten für Energie, Baumaterialien und Arbeitskraft haben sich massiv gesteigert – Krieg sei “Dank” –, auch die Zinsen sind seitdem quasi explodiert, erst auf das Doppelte, dann auf das Dreifache.

Als wir Mitte 2022 mit der SelbstBau eG endlich unsere Partnerin zur Umsetzung des Vorhabens gefunden hatten, waren wir erstmal unglaublich froh, über die Expertise und Erfahrung in Immobiliendingen. Aber gemeinsam sind wir auch auch schnell zu der gemeinsamen Erkenntnis gekommen: So wir uns das mal gedacht haben, wird das nix. Daher hieß es nun (für uns schmerzhafte) Anpassungen an unserem Konzept vorzunehmen. Denn nur die Alternative KEIN Projekt in Zehdenick umsetzen zu können, war noch schlimmer.

Statt nur der Hälfte muss nun das ganze Schulgebäude sofort ausgebaut werden, zu Lasten des Entwicklungspotentials. Und statt 500 Euro Anteile pro Quadratmeter mussten wir mit 750 Euro pro Quadratmeter kalkulieren, bei denen wir froh waren, dass es zumindest dafür ein eigenes KfW-Förderprogramm gibt.

Das Jahr 2023 hatte dann nach unserem Umzug nach Zehdenick unerwartet erstmal einen ganz anderen Schwerpunkt als Finanzen. Rückblick könnte man sagen: Wir haben kostenlos einen Crashkurs in Kommunalpolitik bekommen (hier mehr dazu).

Aber als wir dann erfolgreich für unsere Zukunft in Zehdenick eingestanden waren, drängte sich das leidige Finanzthema in den Vordergrund:

Denn das KfW-Programm, mit dem wir fest kalkuliert haben, wurde überraschend gestrichen und die Zinsen sind einfach immer weiter angestiegen, auf fast 5 Prozent.

Also nochmal: Zahlen anpassen.. aber die Luft wird dünn. Mehr als 11 euro können wir uns beim besten Willen nämlich selbst nicht mehr leisten. Und wie sollen wir da die richtigen Mitstreiter.innen finden, ohne ein reines Privilegierten-Projekt zu werden?

Zu diesem Zeitpunkt haben wir, in der ersten Januarwoche 2024, unser erstes Exposé für potentielle Mitbewohnis entworfen und veröffentlicht. Mit mulmigem Gefühl und der Angst, nun selbst zu den Gentrifizierern zu werden, die wir nicht sein wollten.

Nur eine Woche später zeichnete sich dann aber eine glückliche Wendung ab: im Gespräch mit der Investitionsbank des Landes Brandenburg kam heraus, dass wir eventuell für ein Programm in Frage kommen... und sogar das KfW-Programm wurde wieder zurückgebracht. Könnte es so tatsächlich das erste Mal wieder günstiger werden? Es sieht gut aus, mehr dazu im nächsten Artikel.