Wie alles begann (3/3): Ist es das etwa schon gewesen?

Louise Gassenmeyer

Louise Gassenmeyer

Mittlerweile war ein Jahr vergangen, seitdem wir im Zuge der Hühnerfrage über das Haus gestolpert waren und gut ein halbes, seitdem wir das Haus besichtigen durften. Gerade begannen wir, uns dem ersten Dämpfer seit dem Aufkeimen der Idee hinzugeben, als es passierte.

Ich hatte seit Längerem einmal wieder Kontakt zu meinem besten Schulfreund Timon, der zusammen mit seiner Freundin Kim mittlerweile in Leipzig wohnte. Die beiden gehören zu der sehr seltenen Spezies Mensch, die Zeit unbemerkt verfliegen lassen und dabei ziemlich unvergessliche Erinnerungen hinterlassen. Ich kenne wirklich kaum Menschen, mit denen ich so gerne über so viele unterschiedlichen Dinge spreche, wie mit diesen beiden. Ich erzählte Timon von unseren Projektideen, dem Haus in der Oberlausitz und der Frustration, nicht über die Ideenphase hinaus zu kommen. Je mehr ich erzählte, umso aufgeregter wurde ich. Timon stellte die richtigen Fragen, spann Fäden weiter und erzählte von Kims und seinen Ideen und Wünschen. Nach zwei Stunden Telefonat schickte ich ihm Grundrisse und Ideenpapiere. Kurz drauf meldeten sich Kim und Timon wieder: Sie waren dabei, hochmotiviert, bereichernd wie immer und all in.

Die Trägheit und beginnende Frustration der vergangenen Wochen und Monate war wie weggewischt, wir trafen uns regelmäßig zu viert per Videocall und erarbeiteten gemeinsam ein erstes richtiges Konzept. Erst jetzt fühlte sich das Ganze real an, die zwei zusätzlichen Gehirne brachten neuen Schwung und Ideen ins Spiel, die vier zusätzlichen Augen sahen Chancen und Probleme, die Johannes und mir nicht in den Sinn gekommen waren. Es war fantastisch. Auch die Immobilie gefiel den beiden so gut wie uns, sodass wir kurzerhand und voller Elan erneut die zuständige Sachbearbeiterin des Landkreises Oberspreewald-Lausitz anriefen, um unser ernsthaftes Interesse zu bekunden. Es wurde ein kurzes Telefonat. Nach zehn Jahren Leerstand war die Ausschreibung der Immobilie nun tatsächlich erfolgreich gewesen: eine GmbH für Senior*innenheime hatte die ehemalige Förderschule gekauft. Das saß. Was nun? Die Ideen warn in unserer Vorstellung unsagbar eng mit der Immobilie verknüpft, gedanklich hatten wir schon unter dem Linoleum alte Dielen hervorgezaubert und saßen unter dem Flieder neben der Turnhalle, während uns die Hühner gackernd um die Füße liefen. Alles vorbei? Da hatte ich gerade einen Blick in meine Traumzukunft geworfen und nun war das dazugehörige Traumhaus weg?!

Johannes und ich waren total niedergeschlagen. Mehr als ein Jahr hatten wir beide uns mit diesem Haus beschäftigt und es so lieb gewonnen, als wäre es bereits das Unsere. Vielleicht hätten wir an dieser Stelle aufgegeben, die Pläne ruhen gelassen und uns mit dem Gedanken angefreundet, doch einfach irgendwann mal in eine etwas größere Wohnung in der Stadt zu ziehen. Wären da nicht Kim und Timon gewesen. Die beiden zogen uns aus dem Tief heraus, wedelten mit unseren gemeinsamen Ideenpapieren und waren voller Tatendrang.

Und da wurde es mir relativ schnell klar: Die Wünsche und Bedürfnisse, die wir vier verspüren, die Ideen und Pläne, all das brauchte erst einmal gar kein konkretes Gebäude. Im Gegenteil: Ohne bereits bestehende Mauern und Wände konnten wir frei überlegen und ein Konzept entwerfen, das die uns wirklich wichtigen Ideen vereint. Anstatt Pläne für ein Haus zu entwickeln, konnten wir nun ein Haus suchen, das unseren Ideen gerecht wird.

Und so begannen wir mit der neuen Arbeit.